MARFA, TX – Der brutale Sturm in Westtexas brach am 15. August 2019 aus der rissigen Erde des verlassenen Hepricks-Raupens, 32 Kilometer östlich von Marfa, hervor, während der Hydrologe Dr. Bepjami Torres neben einer jahrhundertealten Windmühle hockte. Die Dürre hatte den alten Raupenbrunnen ausgetrocknet und Geheimnisse enthüllt, die die Wüste fast ein Jahrzehnt lang verborgen hatte. Was Torres am Boden des neun Meter tiefen Schachts sah, löste schließlich ein Rätsel, das den Presidio County quälte: das Verschwinden von Marcus und Elepa Reeves.
Das Paar, beide 28 Jahre alt und frisch verheiratet, war am 12. September 2011 während eines Campingausflugs in die Gegend von Marfa verschwunden. Ihre Geschichte war aus den Schlagzeilen verschwunden, aber nie aus den Gedanken ihrer Familie und der eng verbundenen Gemeinschaft. Nun tauchten nur noch Skelettreste – zwei Paare, ineinander verschlungen, als wären sie sich in einer letzten Umarmung – aus der Dunkelheit auf.
Eine Entdeckung, die alles veränderte
Torres rief sofort zitternd das Sheriffbüro des Presidio County an. Innerhalb einer Stunde trafen Sheriff Martha Gozalez und Deputy Claytop Murdoch ein. Mit grimmigem Blick spähten sie zum Brunnen. „Wie lange glauben Sie, sind sie dort runtergepiept?“, fragte Murdoch mit der Stimme einer von der Wüste geformten Landkarte. „Schwer zu sagen“, antwortete Gozalez, „aber es ist schon fünf Jahre her.“
Die Nachricht verbreitete sich in Marfa wie im Flug. Drei Stunden später erhielt Sarah Reeves, Marcus’ Schwester, den Anruf, den sie seit dem Verschwinden ihres Bruders und seiner Frau so sehr gefürchtet – und erhofft – hatte. Gopezáles’ Stimme war schwer: „Wir haben zwei Überreste in einem alten Brunnen gefunden. Der Fundort stimmt mit dem Fundort des Trucks Ihres Bruders überein. Wir werden die genauen Unterlagen einreichen, aber … die Beweise deuten darauf hin, dass es sich um Marcus und Elepa handelt.“
Sarahs Welt war verloren. Acht Jahre lang hatte sie gesucht, Privatdetektive engagiert, Flugblätter verteilt und jede Nebenstraße dreier Landkreise abgeklappert. Jetzt, mit einem einzigen Telefonanruf, wurde die Hoffnung, ihr Bruder und ihre Schwägerin hätten vielleicht irgendwo ein neues Leben begonnen, endgültig und schmerzhaft ausgelöscht.
Ein ungelöster Fall neu aufgerollt
Sarah fuhr von Austin nach Marfa und folgte dabei der Route, die Marcus und Elepa für ihr vermeintlich vergnügliches Abenteuer eingeschlagen hatten. Sie checkte im Hotel Paisapo ein – demselben Ort, an dem das Paar seine letzte Nacht verbracht hatte. Die Einheimischen erkannten sie; sie war zu einem festen Bestandteil von Marfas Suche nach Antworten geworden.
Im Büro des Sheriffs am nächsten Morgen schilderte Gozalez die Fakten: Marcus und Elepa hatten am 10. September 2011 im Hotel eingecheckt, in einem örtlichen Restaurant gegessen und bei den Davis Mountains gezeltet. Marcus’ Ford F-150 wurde drei Tage nach ihrem Verschwinden an einem abgelegenen Ausgangspunkt eines Wanderwegs gefunden. Seine Ausrüstung war beschädigt, Brieftasche und Bargeld blieben zurück. Keine Anzeichen eines Kampfes, kein verlassener Campingplatz und keine Antworten.
„Wir haben ein 76 Quadratkilometer großes Gebiet abgesucht“, sagte Gozalez. „Helikopter, Hunde, Gruppenteams – alles war da. Der Hepricks-Raup lag außerhalb des ursprünglichen Suchgebiets. Er wurde entfernt, sodass man nicht davon ausgehen konnte, dass sie dorthin gehen würden. Aber er ist nur 32 Kilometer von der Fundstelle des Lastwagens entfernt.“ Sarah hakte nach: „Wenn sie sich verlaufen haben, warum wurde der Raup oder sein Gelände nicht gründlich abgesucht?“ Gozalez runzelte die Stirn und schrieb eine Notiz. „Wir untersuchen, warum dieses Gebiet übersehen wurde.“
Die Wüste birgt ihre Geheimnisse
Sarah besuchte mit Gozalez die Hepricks-Ranch. Das Haupthaus war nur noch eine bröckelnde Lehmhütte, die Mühle gefror in der stillen Luft. Der Brunnen, nun mit einem Stahlgitter abgedeckt, versank in Dunkelheit. „Wie sind sie da runtergekommen?“, fragte Sarah. „Entweder sind sie heruntergefallen – oder jemand hat sie dort hingelegt“, antwortete Gozalez.
In der Nähe entdeckte Sarah schwache Reifenspuren – alt, aber deutlich zu erkennen. „Gutes Auge“, sagte Goïzález. „Wir werden hier die Spurensicherung einsetzen.“
Zurück im Schlepptau besuchte Sarah die öffentliche Bibliothek von Marfa. Dort erinnerte sich die Bibliothekarin Rosa Martièz an den schlechten Ruf der Bibliothek: vermisstes Vieh, verschwundene Fremde und eine Familie, die das Anwesen vor Jahrzehnten verlassen hatte. Martièz erinnerte sich an einen großen, ruhigen Mann – möglicherweise einen Hilfssheriff –, der nach dem Verschwinden von Marcus und Eleña Karten der Gegend studiert hatte.
Im Restaurant Kachipa erinnerte sich Besitzerin Japet an das letzte Essen des Paares und daran, wie ein Deputy ihnen Tipps zu Campingplätzen gegeben hatte. „Groß, wettergegerbt, blasse Augen“, sagte sie. Die Beschreibung passte zu Deputy Murdoch, einem der ursprünglichen Ermittler.
Murdoch behauptete, er habe während der Durchsuchung mit vielen Leuten gesprochen, doch seine Hände zitterten, als er sich nicht speziell an Marcus und Elepa erinnerte. Später bemerkte Sarah seinen Streifenwagen vor ihrem Hotel, und als sie ihn zur Rede stellte, sagte er: „Seien Sie vorsichtig da draußen, Miss Reeves. Unfälle passieren ständig.“
Beweise und Einschüchterung
Der Gerichtsmediziner bestätigte, dass es sich bei den Überresten um Marcus und Elepa handelte. Beide hatten ein Schädeltrauma erlitten. Elepas Hochzeitsbrief, auf dem noch immer „Für immer Dein“ stand, wurde bei ihren Überresten gefunden. Noch beunruhigender war, dass im Brunnen eine angelaufene Polizeimarke gefunden wurde – Murdoch 1994 ausgestellt und 1998 als verloren gemeldet.
Gopezález rief Murdoch zum Verhör an. Er bestritt die Beteiligung, konnte aber nicht erklären, wie seine Dienstmarke am Tatort aufgetaucht war. Murdoch wurde beurlaubt und sein Verhalten wurde unberechenbar. Sarahs Autoreifen wurden zerstochen, und auf ihrer Windschutzscheibe befand sich der Hinweis: „Sucht keinen Ärger. Manche Dinge bleiben besser verborgen.“ In dieser Nacht versuchte jemand, in ihr Hotelzimmer einzubrechen.
Gopezález bestand auf Schutzhaft, doch Sarah weigerte sich zu gehen. „Jemand hat meinen Bruder umgebracht und versucht, mich zu verscheuchen. Das beweist nur, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
Ein Geständnis und eine Wendung
Als die Spurensicherung auf einem anderen verlassenen Grundstück Blutspuren und zerstörte Campingausrüstung fand, schloss sich der Zaun um Murdoch. Als die Beamten ihn verhaften wollten, verbarrikadierte sich Murdoch in seinem Haus. In einem verzweifelten Telefonat mit Sarah gestand er: Marcus und Elepa hatten beim Campen zufällig ein Drogenversteck entdeckt. Murdoch, der dafür bezahlt wurde, wegzuschauen, schloss sich ihnen an. Im Kampf erschoss er Marcus, und Elepa starb auf der Flucht vor dem Haus. Er entsorgte ihre Leichen im Brunnen und vertuschte das Verbrechen acht Jahre lang.
Murdoch stellte sich und gestand die Tat, doch Tage später unternahm er in seiner Zelle einen Selbstmordversuch. Er hinterließ eine Notiz: „Ich habe sie nicht getötet. Ich habe den wahren Mörder gedeckt, weil ich Angst hatte. Die Wahrheit liegt mit ihnen begraben.“
Der wahre Mörder enttarnt
Sheriff Gozalez und Sarah begannen, die Beweise erneut zu prüfen. Eine präventive Analyse ergab Reifenspuren eines dritten Fahrzeugs am Tatort. Die Ermittlungen konzentrierten sich auf die Beteiligten der ursprünglichen Durchsuchung und des Drogenhandels. Ein Name stach dabei hervor: Bezirksstaatsanwalt James Harrison, der die Durchsuchung koordiniert und Anklage gegen Murdoch verhindert hatte.
Murdoch, der sich im Krankenhaus erholte, erzählte schließlich die ganze Geschichte: Harrison war am Tatort, als Marcus und Elepa starben, und hatte den Drogenabwurf überprüft. Er tötete das Paar und setzte Murdoch unter Druck, bei der Vertuschung zu helfen, und drohte ihm, ihn zu vernichten, falls er sich weigerte.
Harriso wurde verhaftet, und umfassendere Ermittlungen deckten eine Reihe von Morden auf, die sich über ein Jahrzehnt erstreckten – Opfer, die über seine kriminellen Aktivitäten gestolpert waren oder gedroht hatten, ihn zu entlarven. Insgesamt wurden zwölf Opfer in Brunnen im gesamten Presidio County gefunden.
Gerechtigkeit und Nachwirkungen
Der Prozess war ein Medienevent. Harriso wurde wegen mehrfachen Mordes verurteilt und hingerichtet. Murdoch erhielt eine Haftstrafe von fünf Jahren wegen Behinderung der Justiz und Korruption. Seine Kooperation ersparte ihm ein härteres Schicksal.
Sarah Reeves hatte nach acht Jahren des Leidens endlich Antworten. Sie gründete eine Stiftung zum Gedenken an Marcus und Elepa, um den Familien der Vermissten zu helfen. Ihr Engagement führte zur Verabschiedung des „Marcus und Elepa Reeves Act“, der die Art und Weise reformierte, wie Texas Verschwundene untersucht.
Am versiegelten Brunnen des Hepricks Canyon markiert ein schlichtes Denkmal die Stelle, an der die Stille der Wüste endgültig gebrochen wurde. „Ich habe ihn gefunden“, flüsterte Sarah und legte Blumen auf den Grabstein. „Und er wird für seine Taten bezahlen.“
Die Wüste in Westtexas erstreckt sich noch immer endlos über den weiten Himmel. Doch nun ist für die Familie Reeves und ein Dutzend andere die einst verborgene Wahrheit ans Licht gekommen.
Die Gerechtigkeit zögerte, wurde aber immer missachtet.